Urvater des 2CV war Pierre-Jules
Boulanger, der im Jahre 1936
ein Projekt begonnen hatte, in deren Entwicklung ein Fahrzeug geboren
wurde, welches später zum Kult mutieren sollte. Pierre-Jules
Boulanger war von
1938
bis 1950 Generaldirektor von Citroën- Werken.
Bei der Entwicklung des Prototypen war
sein Ziel klar. Ein Auto für die französischen Bauern und andere
Landbewohner. Diese fuhren bis die in die 30er Jahren höchst selten
ein (eigenes) Auto. Es sollte ein Fahrzeug werden, welches ein solides
Arbeitsmittel für die Landwirte und Handelsreisende war.
Der Generaldirektor Pierre-Jules
Boulanger sagte damals seinem
Chefkonstrukteur Brogly: "Entwerfen Sie ein Auto, das Platz für zwei Bauern
in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fass Wein bietet,
mindestens 60 km/h schnell ist und dabei nicht mehr als 3 Liter Benzin auf
100 km verbraucht. Außerdem soll das Fahrzeug schlechteste Wegstrecken
bewältigen können und so einfach zu bedienen sein, dass selbst eine ungeübte
Fahrerin problemlos mit ihm zurecht kommt. Es muss sehr gut gefedert sein,
sodass ein Korb mit Eiern eine Fahrt über holprige Feldwege unbeschadet
übersteht. Und schließlich muss das neue Auto wesentlich billiger sein als
unser "Traction Avant". Das Aussehen des Wagens spielt überhaupt keine
Rolle." Brogly der alles notierte, glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.
Da die Entwickler nicht so genau
wussten was französische Autofahrer eigentlich wollen, kam dem Mitarbeiter
Andre Lefebvre auf die Idee eine groß angelegte Marktanalyse durchzuführen.
Somit wollte Citroen ein Auto nach den Bedürfnissen der zukünftigen Kunden
konzipieren. Mehr als 10.000 Franzosen aus den finanzschwächeren
Berufsschichten wurden damals befragt!
Bis zur Präsentation Jahre später lief
das
Geheimprojekt unter dem Codenamen TPV - Toute Petite Voiture. Was soviel heißt
wie: "ganz kleines Auto".
Bei diesem Auto wurde die Ausstattung
auf das Nötigste reduziert, der Prototyp hatte vorn sogar nur einen
Scheinwerfer. Profiliertes Wellblech war für eine stabile Karosse bei der
Ente jahrelang üblich, um ausreichende Stabilität zu erreichen. Für die
Außenhaut wurde Aluminium genutzt, um Gewicht einzusparen.
Vom TPV worden insgesamt 49 Prototypen
gebaut. Anfang 1937 war dann das erste Fahrzeug fertig. Nun
sollten Testfahrten kommen. Per Los wurde damals der glückliche Testfahrer
gesucht und gefunden. Die erste Fahrt führte der Strecke Gometz-le-chatel
und Chenateloq nahe Paris. Das Fahrzeug schaffte in der Spitze unfassbare
100 km/h. Was bei den schwachen Bremsen und der Art der Lenkung (ähnlich
einer Fahrradlenkung) schon Angst einflößend gewesen sein muss. Nachdem der
Projektleiter aufmerksam den Bericht des Fahrers gelauscht hatte, meinte
dieser: "Den müssen wir komplett auseinander nehmen und ganz von vorne
anfangen!" Die Entwicklung ging in die nächste Runde. Bis 1939
waren 250 TPV fertig gestellt,
die später auch an Händler ausgeliefert werden sollten.
Doch es sollte anders kommen. Bedingt
durch den Zweiten Weltkrieg musste Citroën die Entwicklung lange Zeit
unterbrechen. Außerdem soll Generaldirektor Boulanger so lange gewartet
haben, bis sich die finanzielle Situation der "Käufer" nach dem Krieg
besserte und eine Werbekampagne für das neue Auto Erfolg und Absatz
versprach.
Entlang des Testgeländes wurden die
bereits fertig gestellten Wagen aufgestapelt und mit Planen abgedeckt. Dort
rosteten sie vor sich hin. 1941 gibt man den Auftrag alle Modelle
einzustampfen. Doch 3-4 Prototypen entgingen dem unschönen Tod und wurden zu
nach Clermont-Ferrand gebracht. Mit neuer Karosserie fuhr der TPV wieder
seine Testrunden. 1942 beginnet das Projekt erneut, da ein Konkurrent
namens Renault auf der Bildfläche erscheint.
Am 07.
Oktober 1948 wurde
auf dem Pariser Autosalon der neue Stolz von Citroën der
Öffentlichkeit vorgestellt. Ein lang gehegter Traum Pierre Boulangers geht
endlich in Erfüllung. Die jahrelange streng geheime Entwicklung von
1936 bis 1948 brachten eine Überraschung hervor, die nach den
Überlieferungen für unterschiedlichste Reaktionen sorgte. Die einen lachten
lauthals, andere wandten sich enttäuscht ab. Die Fachpresse verspottete den
2CV. Es wird gesagt, dass durch den Ruf
eines Besuchers aus dem Publikum: "Was ist
das denn für ein hässliches Entlein?" der Spitzname und den Kult um
das Auto geboren war.
Angesichts der vielen spöttischen
Bemerkungen, die der 2cv erntete, bekam Citroen nachträglich Gänsehaut bei
dem Gedanken, was wohl passiert wäre, hätte man den Wagen in den
ursprünglich geplanten Farben, grau-weiß gesprenkelt, präsentiert.
Die Besucher und die Fachpresse
verglichen den 2CV mit dem zwei Jahre alten 4CV von Renault oder den Peugeot
203. Es hießt, der 2CV wirke altmodisch. Der Presse entgeht damals, das die
eigentliche Qualität unter der Oberfläche liegt. So schreibt beispielsweise
eine Zeitung: "Man kann sagen was man will. Wir sind der Ansicht, dass der
2CV schon jetzt überholt ist."
Ungeachtet der vielen Kritik schreibt
ein Citroen Ingenieur: "Die beiden
besten Autos der Welt sind der Rolls Royce und der 2CV. Der einzige
Unterschied besteht darin, dass der Rolls Royce schon viele Jahre der
Erfahrung hinter sich hat. Der 2CV dagegen hat sie noch vor sich." Mit
dieser Feststellung erntete er zunächst so manchen Lacher, doch im Laufe der
Zeit verstummten die Kritiker angesichts des riesigen Erfolges des 2CV.
Die Serienproduktion
des 2CV startete im Jahre 1949. Im Juni dieses Jahres stellte man
ganze vier Fahrzeuge am Tag her. Angesichts derartig niedrigen
Produktionszahlen musste man sich nicht wundern, dass im Jahre 1950 die
Lieferzeit unglaubliche 6 Jahre dauerte. Der Startpreis für den 2CV wurde
auf 228.000 Francs festgesetzt und noch im selben Jahr 876 Wagen produziert.
Die Nachfrage
nahm ungeahnte Dimensionen an. Innerhalb
kürzester Zeit eroberte die Ente, trotz der
spartanischen Ausstattung und unüblichen
Karosserielinie, die Herzen junger und
jungebblieber Menschen. Der Preis im Jahre
1950
betrug 235.000 Francs und schon 6169 Stück!
wurden produziert.
Ab
März 1951 wurde
eine neue Version 2CV vorgestellt. Der Lieferwagen "Fourgonette" (Modell
AU)mit 250 kg Zuladung. Später erhielt dieses Modell zumindest in
Deutschland den Spitznamen "Kasten-Ente".
Im
Laufe der Jahre wurde die
spartanische Ausstattung der Ente
verbessert. Zum Beispiel erhielt der
Wagen ein Fahrertürschloss und ein Zündschloss an der rechten Seite des
Armaturenbretts, die Schlüssel waren für beides zu benutzen. Der
achtflügelige Ventilator wurde durch einen leiseren, vierflügeligen ersetzt.
Die Erhöhung der Verdichtung auf 6,2:1 und die Verwendung des
Solex-Fallstromvergasers26BCI ergab eine Leistung von sagenhaften 12,5 PS.
Hiermit wurde der 2CV nun autobahntauglich.
Der Preis im Jahre
1953
betrug 341.870 Francs und schon 35.361Stück
wurden produziert. Die Sitzbezüge erhielten 1954 ein
Schottenmuster. Die beiden Klappfenster konnten durch eine Gummihalterung
offen gehalten werden. Und ein Jahr später gab es auch Dichtungen und
Regenablaufleisten an den Türen.
1958 kam das Exportmodell "Luxe"
auf den Markt. Dieses enthielt drei seitliche Fenster, wodurch der
Fahrer einen enormen Rundumblick genießen konnte. Auch der
Stahlblech-Kofferraumdeckel bekam einen verschließbaren Drehgriff. Im März
des selben Jahres wurde das Sondermodell "Sahara" der Öffentlichkeit
präsentiert. Zur Auslieferung sollte es allerdings erst in den Jahren
1960/61 kommen.
Im Jahre 1959 begann der
offizielle Verkaufsstart in Westdeutschland. Die Standardausführung des 2CV
kostete hier 3650 DM.
Die Eroberung der weiten Welt war
einmalig. Hier hatte sich der 2CV in den 50-ziger und 60-ziger Jahren
redlich Respekt erworben. Egal welche Jahreszeit und egal welches Klima, die
Ente leistete bei jedem Abenteuer treue Dienste. Auch wegen seiner eher
spärlichen Ausstattung machte der 2CV Fernreisen für den "normalen Bürger"
bezahlbar. Die Ente war ein Stück Freiheit, mit der man seine Abenteuerlust
ausleben konnte. Nahezu unmögliche Touren gelangen, wie etwa durch den
tiefsten Urwald Costa Ricas, auf die höchsten Berge Boliviens oder in die
heißesten Wüsten.
Nicht so bekannt, aber um so
spannender ist die Tatsache, dass es waghalsige Entenfahrer ihr Glück sogar
bei Autorennen versuchten. Ein Beispiel ist Rudolf Smoliner, der bei einer
Winterrallye 1953 in Österreich antrat. Vor dem Start betrachtete man ihn
mitleidig und versuchte ihn umzustimmen, doch nicht anzutreten. Doch er
hielt tapfer durch und wurde mit der Goldmedaille belohnt. Die
österreichische Presse war beeindruckt von dieser Vorstellung. Nach diesem
ungewöhnlichen Rennerfolg wurde der 2CV zum Liebling aller jugendlichen
Autofans.
Die Jahre vergingen und die Ente
eroberte alle sozialen Schichten, selbst die wohlhabendsten. Seine
Alltagstauglichkeit spricht sich auch in den Amtsstuben herum. Ein
bekanntes Beispiel hierfür ist die französische Post, die aufgrund des
Drängens eine Abgeordneten eine umfangreiche Enten-Flotte als
Dienstfahrzeuge vorzuweisen hatte. Zu Weihnachten 1959 sind in Frankreich
300 Kastenenten im Postdienst, 1962 bereits 8.000 und im Jahr 1966
unglaubliche 10.700!
Dem Beispiel der Post folgten viele
andere. Genannt seien der französische Straßenrettungsdienst, die spanische
Guardia Civil, die holländische Polizei, die UNO und sogar die
Skandinavischen Automobilclubs, die die Ente am Polarkreis zum Pannendienst
einsetzten.
Der technische Fortschritt und
Modernisierung ging weiter. Das Fahrzeug wurde in immer mehr Farben
angeboten, wie z.B. Panamagelb, Eisblau oder Kakteengrün. Das Tachometer
wurde im Armaturenblock angeordnet und mit einem Kraftstoffanzeiger ergänzt.
Das Modell Luxe bekam einen Scheibenwascher mit Druckbetätigung. 1963
kamen Blinkerhebel an der Lenkradsäule oder eine Sonnenblende mit
Schminkspiegel für den Beifahrer hinzu. 1964 erhielt der 2CV sogar
Beckengurte. Ab Dezember des Jahres wurden gemäß der gesetzlichen
Vorschriften die Vordertüren vorn angebracht. Somit hatte die Bezeichnung
von "Selbstmördertüren" keine Bedeutung mehr. Die Motorleistung wurde immer
mehr gesteigert, 1967 das Modell schon 18 PS. 1969 wurden
bereits 72.044 Fahrzeuge gebaut. Durch die immer verbesserte
Produktionsleistung bekam der glückliche Käufer 1970 seinen 2CV
zumindest in Deutschland bereits nach drei bis vier Wochen Wartezeit.
In
den 60er und 70er Jahren
entwickelte sich die Ente zum "Studentenauto".
Man konnte auf den Straßen Europas und dem Rest der Welt genau sehen, wer
den 2CV fuhr. Querdenker, Konsumverweigerer, Flohmarktprofis. Der bekannte
Automobilschriftsteller Fritz B. Busch schrieb 1960 folgenden Aufsatz: Die
Menschen am Volant eines 2CV sind Philosophen und damit Männer, die Pfeife
rauchen.
Zum 25. Geburtstag der Ente 1973
gab es Modelle in knalligen Farben wie Rio-Rot, Popgrün oder Orange zu
kaufen. Der 2CV6 erhielt ein gepolstertes Lenkrad und einen
Aschenbecher! Wenig Begeisterung kam auf, als eckige Scheinwerfer produziert
wurden. Um den Geräuschpegel weiter zu verringern bekamen 1975 die
Türen Innenverkleidungen aus Kunststoff , einen Luftfiltereinsatz aus
Schaumstoff und grundlegende Änderungen am Auspuffkrümmer.
Im April 1976 erschien
anlässlich des fünfmillionsten 2CV in Frankreich das Sondermodell "Spot".
Binnen einer Woche war keine der 1800 Spot-Enten mehr zu bekommen, obwohl
sie stolze 13.600 Francs kostete. 1980 gab es das Sondermodell
"Charleston" welches sich durch die zweifarbige Lackierung auszeichnete und
großer Beliebtheit erfreute.
1981 bekam die Ente durch den
James Bond Streifen "in tödlicher Mission" noch größere Aufmerksamkeit. Die
getunte Version wurde mit einem 65 PS starkem Boxermotor und mit einer extra
verstärktem Karosse aufgerüstet, damit sie die atemberaubenden Stunts auf
den Kinoleinwänden unbeschadet überstehen konnte. Vom darauf folgenden
Sondermodell "007" wurden später etwa 700 Stück gebaut.
Im März 1985 begann die
Einführung einer neuen Farbkombination -weiß und rot. Dies war der
Grundstein für das Sondermodell "Dolly". Ab Mitte des Jahres wurde die Ente für den
deutschen und österreichischen Markt mit dem neuen VV-Motor ausgestattet.
Das waren erstaunliche 21 PS. Durch diverse andere technische Neuerungen im
Motorbereich durfte 1987 unverbleiter Kraftstoff getankt werden.
Ende der 80-er Jahre war in
Frankreich und anderen europäischen Ländern ein Rückgang der Nachfrage am
2CV zu bemerken. Das inzwischen gealterte Konzept des 2CV entsprach einfach
nicht mehr den modernen Anforderungen der Autoindustrie. Auch waren die
Produktionswerkstätten veraltet und konnten nicht einfach modernisiert
werden. Das erste Werk in Levallois musste geschlossen werden.
1990 wurde das Ende der Ära 2CV
besiegelt. Das letzte Produktionsjahr war eingeläutet. Die
Wiedervereinigung Deutschland wurde vollzogen und Citroen baute ehemaligen
DDR Gebiet ein Vertriebsnetz mit etwa 100 Vertragshändlern auf. Gebrauchte
2CV waren hier ebenso beliebt wie im Westlichen Teil Deutschlands. Der
Preis für den 2CV zuletzt betrug in Deutschland 9990 DM und die Produktion
im letzten Werk in Portugal belief sich auf etwa 7000 Autos.
Doch es nützte alles nichts: Am
Freitag den 27. Juli 1990, um 15 Uhr wurde die Produktion des
Kultfahrzeugs 2CV endgültig eingestellt. Die Fahrzeug-Identnummer des
letzten 2cv lautete VF7AZKA00KA376002. Der damalige Direktor des Werkes in
Portugal, reservierte die graue Charleston-Ente für sich. Der letzte Wagen
im Werk in Mangualde lief mit einem Trauermarsch der Werkskapelle vom Band
...
In über 40 Jahren wurden
weltweit ca. 5,5 Millionen
Fahrzeuge gebaut. In Deutschland hatten insgesamt 348.078 Enten einen
glücklichen Besitzer gefunden.
Und heute? Viele Fahrer,
Entenfreund und Clubs haben sich zusammengetan um den Kult um die gute alte
Ente weiter zu führen. Die Fahrzeuge werden gehegt und gepflegt und in der
einen oder anderen durchschraubten Nacht irgendwo da draußen noch
origineller gestaltet. Der Phantasie jedes einzelnen scheint keine Grenzen
zu haben. Tatsache ist, dass es heute sehr viel Zeit und Geduld in Anspruch
nimmt, um die Ente flott zu machen, geschweige denn sie über den TÜV bekommt.
Aber egal- Enthusiasten können sicher sein, dass Sie genug Aufmerksamkeit
erregen. Egal wann, egal wo.
Quellen für dieses Kapitel:
Eigene Internetrecherchen,
"Die Ente gestern - heute -
morgen" geschrieben von Immo Mikloweit
"Die Ente" von Fabien Sabates (Lechner Verlag)
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